Die Therapie mit Mistelpräparaten wird auf unterschiedlichste Arten und für ein breites Spektrum von Tumorerkrankungen eingesetzt. Innerhalb eines Therapiekonzeptes hat sie unterstützenden (adjuvanten), lindernden (palliativen) oder in der häufigsten Anwendungsart einen allgemein stärkenden und vorbeugenden Charakter.
In der Onkologie wird den Aspekten der Lebensqualität, der Verlängerung der Lebenszeit und der Rezidivprophylaxe größte Aufmerksamkeit geschenkt. Für diese Ziele kann die Misteltherapie in vielfacher Weise genutzt werden:
Die körpereigene Abwehr wird durch die Misteltherapie so unterstützt, dass u. a. Granulozyten, Lymphozyten und sog. natürliche Killerzellen vermehrt im Blut auftreten. So können ggf. noch im Körper befindliche, entartete Zellen bekämpft und das Risiko einer Metastasierung verringert werden.
Ein gesundes, d. h. ein vielfältig reagierendes Immunsystem macht Rückfälle unwahrscheinlicher. Insofern ist die Misteltherapie auch eine vorbeugende Maßnahme im Sinne einer Rezidivprophylaxe nach z. B. erfolgter Tumortherapie.
Die Misteltherapie kann Schmerzen, welche bei fortgeschrittenem Tumorstadium auftreten können, durch ihre anregende Wirkung auf die Endorphinausschüttung verringern bzw. erträglicher machen. Endorphine sind natürliche, vom Körper selbst erzeugte Morphine mit schmerzstillender Wirkung.
Die häufig im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung auftretende Appetitlosigkeit und ein gestörtes Schlafverhalten können behoben oder gelindert werden. Ein gesundes Schlaf und Essverhalten ist dabei als Voraussetzung für eine langfristige Heilung nicht zu unterschätzen. Dies gilt ebenso für die während einer Misteltherapie zu beobachtende, geringere Anfälligkeit für Infektionskrankheiten.
Über die vorstehenden, hauptsächlich auf Immunmodulation beruhenden Wirkungen hinaus ist die zytotoxische Wirkung der Mistel auf Tumorzellen
nachgewiesen. Zytotoxische, d. h. zellzerstörende Wirkungen haben insbesondere die in der Mistel enthaltenen Lektine und Viscotoxine.
Wie wird’s gemacht?
Mistelpräparate werden durch subkutane Injektion verabreicht, d.h. der Ampulleninhalt wird unter die Haut gespritzt. In der Regel geschieht dies zwei bis dreimal pro Woche. Abhängig vom Befinden und den therapeutischen Zielen wird die verabreichte Dosis in den ersten Wochen erhöht. Das Erhöhen der Dosis dient dazu, die individuell wirksamste Dosis zu ermitteln. Es kommt aber durchaus vor, dass schon mit der zuerst verwendeten Dosis ein Optimum erreicht wird. Eine wirksame und verträgliche Dosis kann vom Patienten anhand der nachfolgend beschriebenen Reaktionen leicht erkannt werden. Vorab sei bemerkt, dass diese Reaktionen bzw. Nebenwirkungen regelmäßig ein Zeichen dafür sind, dass der Körper auf die Therapie anspricht. Nebenwirkungen in geringem Umfang sind daher therapeutisch erwünscht.
1. Bei einer ausreichenden Dosis wird sich an der Einstichstelle nach ungefähr sechs bis acht Stunden eine Rötung und/ oder Schwellung bis zu fünf Zentimetern Durchmesser bilden. Diese sog. Lokalreaktion kann mit einem Juckreiz verbunden sein und wird maximal drei Tage anhalten. Wenn die Lokalreaktion nach ca. 2,5 Wochen Therapie mit geringerem Umfang auftritt, kann eine weitere Dosissteigerung vorgenommen werden. Dies hat dann oft die Folge, dass die Lokalreaktion erneut einen Durchmesser von bis zu fünf Zentimetern annimmt.
2. Die Steigerung der Dosis wird zu Therapiebeginn einmal oder zweimal vorgenommen. Nach ca. neun Wochen ununterbrochener Anwendung einer gleichen Dosis wird die Lokalreaktion abnehmen und schließlich ganz verschwinden.
3. Als weitere Nebenwirkungen können zu Beginn der Behandlung eintreten und als lästig empfunden werden: Abgeschlagenheit, Grippegefühl oder Schwindel. Diese Reaktionen treten einige Stunden nach der Injektion für eine Dauer von maximal 24 Stunden auf und können sogar von schwachem Fieber begleitet sein. Fieber bzw. eine erhöhte Temperatur (bis max. 39,3° C) ist lästig, aber immer auch ein Zeichen für eine erhöhte, positive Tätigkeit des Immunsystems.
Die Tagesplanung sollte für den Beginn der Therapie auf das Auftreten eines leichten Fiebers abgestimmt sein. Aber auch diese Nebenwirkungen sind nach den ersten neun Wochen gar nicht mehr oder nur noch ganz schwach wahrnehmbar. Sollten die Symptome völlig ausbleiben, kann auch eine Änderung der Mistelsorte, d. h. des Wirtsbaumes, auf dem die verwendete Mistel gewachsen ist, in Erwägung gezogen werden.
Fallen die Reaktionen stärker als o. g. aus ist ggf. gegen zu steuern. Höhere Körpertemperaturen können mit „Wadenwickel“ oder nötigenfalls auch medikamentell angegangen werden. Eine weitere Injektion sollte erst nach vollständigem Abklingen der Symptome erfolgen und dann auch erst mal wieder mit der zuletzt gut vertragenen Dosierung. Eine weitere Steigerung ist im Folgendem kleinschrittiger vorzunehmen.
Es wird eine bessere Durchwärmung des ganzen Körpers eintreten. In der Regel stellt sich zudem ein tieferer, erholsamer Nachtschlaf ein und der Appetit kann zunehmen. Auch lässt sich bei vielen Patienten eine Aufhellung der Stimmung und ein damit verbundenes, höheres Wohlbefinden und somit eine gesteigerte Lebensqualität feststellen. Es kann hilfreich sein, dass die Körpertemperatur des Patienten morgens und abends gemessen und aufgezeichnet wird, weil anhand des Temperaturunterschieds eine immunmodulierende Wirkung der Misteltherapie zu erkennen ist. Beim Erkrankten Tier findet sich fast immer nur ein geringer Temperaturunterschied, während das gesunde Tier häufig eine deutliche Differenz zwischen Morgen und Abendtemperatur aufweist. Dieser als "circadian" bezeichnete Temperatur Rhythmus wird sich meist schon nach wenigen Wochen dem natürlichen Rhythmus anpassen.
Wie lange wende ich die Mistel an?
Mistelpräparate werden abhängig vom Therapieziel für eine Dauer von zwei bis sieben Jahren eingesetzt. Dieser Zeitraum, auch "Dauer Therapie" genannt, dient der Immunmodulation und somit indirekt einer wirksamen Verhinderung von Rezidiven. Rezidive sind Tumoren, welche nach einer erfolgreichen, kurativen Behandlung (z.B. nach einer Operation) erneut auftreten. Oft liegt ein Zeitraum von mehreren Jahren zwischen der erfolgreichen Behandlung und dem Auftreten eines Rezidivs. Vorbeugende (prophylaktische) Therapien gegen Rezidive sind deswegen langfristig und auf den ganzen Organismus gerichtet anzulegen. Mistelpräparate sind zur wirkungsvollen Rezidivprophylaxe geeignet, weil jedes nur auf die erkrankte Zelle gerichtete Medikament das Ziel verfehlen würde, eine langfristige Gesundung des gesamten, körperlichen Organismus zu erreichen. Während dieser langfristig angelegten Dauer Therapie können Pausen in der Behandlung eingelegt werden. Häufig geschieht dies, um das Immunsystem durch unterschiedliche Reize verstärkt und erneut anzuregen oder weil z.B. während einer Infektionskrankheit eine zusätzliche Beanspruchung vermieden werden soll. Aber auch äußere Umstände können eine Pause begründen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach einer Pause von mehr als zwei Monaten wieder mit einer niedrigeren Dosis begonnen werden muss, denn das Immunsystem ist lernfähig und kann, wenn es einmal die "Gifte der Mistel kennen gelernt hat", sehr heftig auf eine größere Menge dieser Substanzen reagieren. Die Dauer Therapie wird abhängig vom individuellen Therapiekonzept unterschiedlich angelegt. Meistens wird eine gleichbleibende Dosierung während dieser Zeit verordnet.
Es werden aber auch unterschiedliche Dosierungen genutzt, um das Immunsystem rhythmisch anzusprechen. Für die Modulation des Immunsystems kann es zudem sinnvoll sein, die Sorte zu wechseln. Wenn sich der Körper im Verlauf einer längeren Therapie an die Arznei gewöhnt hat, kann oft eine weitere Steigerung der Dosis, ähnlich wie beim Beginn der Therapie, vorgenommen werden. Gegen Ende der Daue Therapie wird in der Regel nur noch einmal pro Woche injiziert und es werden längere Pausen eingelegt.
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